Rassehundezucht und Gesundheit
Kurz vorab: Dies ist mein Versuch, ein komplexes Thema anzusprechen und kurz und verständlich
zusammen zu fassen; ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit.
Wer Hunde züchtet, kommt nicht drum herum sich mit Krankheiten und Erbdefekten auseinander zu
setzen.
Beagles sind im Allgemeinen sehr vitale und robuste Hunde aber wie bei anderen Rassen
auch, gibt es Erkrankungen unterschiedlichen Schweregrades, deren Ursachen teilweise oder ganz
genetisch bedingt sind.
Verantwortungsvolle Hundezüchter machen es sich neben der Selektion nach optischen und Wesens-
Merkmalen auch zur Aufgabe, das Auftreten und die Verbreitung von Erbkrankheiten einzudämmen. Ein
vollständiges Verhindern oder „Ausmerzen“ ist in vielen Fällen leider nicht möglich.
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe:
Mutationen an Genen, die zu Erkrankungen führen, können grundsätzlich immer wieder spontan
entstehen, worauf niemand einen Einfluss hat.
Außerdem lässt sich nicht immer zweifelsfrei klären, ob eine gesundheitliche Störung erworben oder
ererbt ist. Ein Beispiel ist hier Epilepsie, die verschiedene Formen und viele Auslöser haben kann.
Vererbung ist nur eine von mehreren Möglichkeiten. Der Erbgang beim Beagle ist bisher nicht eindeutig
bekannt (Forschungsprojekte im Ausland arbeiten aber wohl daran) und das Problem wird oft erst
erkannt, wenn es eine (familiäre) Häufung von kranken Hunden gibt.
Eine andere, den meisten bekannte, weit verbreitete Erkrankung, besonders bei großen und schweren
Rassen, ist die Hüftgelenksdysplasie (HD). Bei ihrer Entstehung spielen neben der genetischen
Disposition (Beteiligung mehrerer Gene) auch Umweltfaktoren eine Rolle.
Epilepsie und HD sind hier nur zwei genannte Beispiele für eine Vielzahl möglicher erblicher
Erkrankungen, die leider auftreten (HD hat beim Beagle wenig klinische Relevanz) und sich durch ihren
multifaktoriellen Charakter und dem bisher nicht feststellbaren Genotyp (die tatsächliche genetische
Ausstattung) der Zuchthunde auch nicht ganz verhindern lassen.
Solchen Erkrankungen begegnet man mit Beobachten und Handeln. Die Zuchtpopulation wird hier
fortwährend über die Generationen phänotypisch (Phänotyp: das von außen sichtbare Erscheinungsbild)
beobachtet und eingeschätzt. Möglichst jede Abweichung von der Norm wird in den Zuchtbüchern
erfasst. In der Zucht eingesetzt werden nur Hunde die augenscheinlich gesund sind und gesunde
Nachkommen haben. Hunde, die kranke (in Bezug auf die entsprechende Erbkrankheit) Nachkommen
haben, und selbst erkrankte Hunde werden aus der Zucht genommen. In der Gesamtheit kein leichtes
Unterfangen und das vereinzelte Auftreten von diesen Erbkrankheiten kann wie schon beschrieben
nicht zu 100% verhindert werden.
Bei vielen anderen Erbkrankheiten sind aber inzwischen der Erbgang und das defekte Gen bekannt und
es wurden entsprechende Gentests entwickelt.
Für die Rasse Beagle stehen zurzeit mehrere Gentests für autosomal-rezessiv vererbte Störungen zur
Verfügung. Anhand dieser Tests lassen sich genetisch gesunde und betroffene (kranke) Hunde sowie
Anlagenträger identifizieren.
Zum autosomal-rezessiven Erbgang muss man wissen, dass nur die Individuen erkranken, die das
defekte (rezessive) Gen homozygot (d.h. zweimal gleich, je vom Vater und von der Mutter geerbt)
tragen. Liegt dagegen ein defektes neben einem gesunden (dominanten) Gen vor (= heterozygot), so sind
sie gesund, können aber das defekte Gen weiter an die Nachkommen vererben.
Kennt der Züchter den Genotyp seiner Hunde, kann er ganz gezielt dahin gehend planen, dass keine
kranken Welpen geboren werden. Hunde, die Träger der rezessiven Erbanlage für eine Erkrankung sind,
müssen nicht zwangsläufig aus der Zucht genommen werden, schließlich haben sie ja meist noch viele
andere und für die Zucht wertvolle Eigenschaften.
Werden genetisch gesunde Hunde mit Anlagenträgern verpaart, so sind alle Nachkommen gesund, aber
ein Teil (statistisch 50%) ist Anlagenträger. Genetisch gesunde Hunde mit kranken Hunden verpaart,
ergeben zu 100% (gesunde) Anlagenträger.
Kranke Nachkommen treten nur dann auf, wenn Anlagenträger miteinander oder mit kranken Hunden
verpaart werden. Und genau dies kann vom Züchter vermieden werden, sobald die Elterntiere getestet
sind.
Hier sind einige dieser Krankheiten, auf die wir unsere Zuchthunde freiwillig untersuchen lassen
haben, kurz vorgestellt.
Faktor VII-Mangel
Faktor VII ist ein im Blut vorhandener Gerinnungsfaktor, der bei der Einleitung der Blutgerinnung
eine Rolle spielt. Bei von Faktor VII-Mangel betroffenen Tieren kommt es zu einer milden bis
moderaten Blutungsneigung. Die Tiere zeigen in der Regel keine Symptome und selbst Operationen
können meist ohne abnorme Blutungen durchgeführt werden.
Oft werden die Tiere erst bei Blutuntersuchungen (verlängerte Prothrombinzeit und
Fakor VII-Aktivität bei nur 1-4%) oder durch den Gentest identifiziert.
Einige Einzelfälle mit starken Blutungen während der Trächtigkeit oder während Operationen sind
dokumentiert.
Hier kann ich nur hinzufügen, dass wir den milden Verlauf des Faktor VII-Mangels nur bestätigen
können. Jahrelang haben wir mit betroffenen Hunden gelebt und auch gezüchtet, ohne zu ahnen, dass
die Hunde diese “Erbkrankheit” haben. Die Hunde sind leistungsfähig und Probleme mit Blutungen bei
Trächtigkeit, Geburt oder Operationen sind bei uns nie aufgetreten.
Erst durch die Durchführung der Gentests (der Vollständigkeit halber im Rahmen der Untersuchung
auf IGS) haben wir davon erfahren.
Quellen: Biofocus und Laboklin
Vorkommen bei: Airedale Terrier, Riesenschnauzer, Beagle, Scottish Deerhound, Alaskan Klee Kai
Imerslund-Gräsbeck-Syndrom (IGS)
Quelle: Laboklin
Vorkommen bei: Border Collie und Beagle
Das Imerslund-Gräsbeck-Syndrom (IGS) ist gekennzeichnet durch die Malabsorption von Vitamin B12
aus der Nahrung. Der chronische Cobalamin-Mangel führt zu Veränderungen im Blutsystem
(wie beispielsweise Makrozytäre Anämie) und neurologischen Ausfällen aufgrund irreversibler
Schädigungen des Gehirns und Nervensystems.
IGS kann durch eine frühzeitige und regelmäßige Substitution von Vitamin B12 therapiert werden.
IGS gibt es wahrscheinlich schon lange, der Gendefekt ist seit 2005 bekannt und der Test ist nun
endlich verfügbar. Unbehandelte Hunde sind oft richtig krank und sterben vorzeitig.
Aufgrund des Vorkommens von Hunden, die die Erbanlage für IGS tragen, und dem ungewollten
Auftreten von kranken Hunden hat der BCD im Herbst 2014 das Testen auf IGS für alle neuen
Zuchthunde zur Pflicht gemacht. Allen Züchtern wird außerdem empfohlen, alle bereits in der Zucht
stehenden Tiere ebenfalls testen zu lassen. Die (versehentliche) Verpaarung von zwei Träger-Hunden
soll auf jeden Fall vermieden werden.
Musladin-Luecke-Syndrom (MLS)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Das Musladin-Lueke Syndrom (MLS) wird verursacht durch eine ausgeprägte Fibrose der Haut und
Gelenke. Erste Symptome sind bereits im Alter von 2-4 Wochen zu erkennen. Im Laufe des ersten
Jahres verschlimmert sich die Erkrankung, um sich dann mit einem Jahr zu stabilisieren.
Als Welpen gedeihen betroffene Hunde nicht gut. Außerdem weisen sie verkürzte äußere Zehen, einen
festen Körperbau aufgrund der verstärkten Haut und Muskeln sowie eine typische flache Kopfform auf.
Die Hunde laufen auf den vorderen Ballen, was zu einem Ballerina-ähnlichen Gang führt.
Betroffene Hunde leiden weiterhin unter Arthrose und Steifheit.
Sie zeigen ein ungewöhnlich „freundliches“ Wesen.
Auf der Züchterversammlung des BCD im Jahr 2012 wurde beschlossen, erstmal befristet auf 2 Jahre,
alle neuen Zuchthunde auf MLS testen zu lassen. Alle bisher getesteten Zuchthunde sind vollkommen
gesund und reinerbig für das intakte Gen. Die Pflicht zum Testen wurde inzwischen wieder aufgehoben.
Neonatale Cotikale Cerebelläre Abiotrophie (NCCD)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Die cerebelläre Abiotrophie beim Beagle ist eine Erbkrankheit, die zum programmierten Zelltod der
Purkinje-Zellen im Kleinhirn führt. Durch das Absterben der Zellen kommt es zu Störungen in der
Motorik und im Gleichgewicht.
Betroffene Tiere zeigen schon kurz nach der Geburt oder im sehr jungen Alter Symptome wie Tremor,
Ataxien und spastische Lähmungen.
Primäres Weitwinkel-Glaukom (POAG)
Quelle: Laboklin
Vorkommen: Beagle
Beim primären Weitwinkel-Glaukom handelt es sich um eine genetisch bedingte Bindegewebestörung im
Auge. Diese hat zur Folge, dass das Kammerwasser nicht richtig abfließen kann und sich der Druck im
Auge erhöht. Dadurch wird schließlich der Sehnerv und die Netzhaut beeinflusst was zu Sehausfällen
und letztlich Blindheit führen kann.
Erste Symptome umfassen geweitete Pupillen, rote Augen, trübe Hornhaut und einen erhöhten
Augeninnendruck. Bei weiterer Zunahme des Drucks entstehen Schmerzen, die zu Fressunlust, Kratzen
am Auge, Reiben des Kopfes an Gegenständen und Aggressivität führen können.
Bei frühzeitiger Diagnose kann eine Schädigung des Sehnervs und der Netzhaut durch ständige
Senkung des Augeninnendrucks vermieden werden.
Lafora Krankheit
Text: Anika Knappe (geschrieben August 2015, zwischenzeitlich etwas überarbeitet)
Die Lafora Krankheit ist eine autosomal rezessiv vererbte Krankheit, die medizinisch zu den Myklonusepilepsien gezählt wird
und auch beim Menschen auftritt.
Ursache für die Lafora Krankheit ist eine Mutation an dem Gen EPM2B
Folge der Genmutation, welche der Lafora Krankheit zugrunde liegt, ist wahrscheinlich eine gestörte Umwandlung von Glucose
in die Speicherform Glykogen. Es entstehen stärke-ähnliche unlösliche Polyglucosane, die als Laforakörper bezeichnet werden.
Diese reichern sich nach und nach als Ablagerungen in Zellen an, vor allem im Gehirn und Nervensystem aber auch im Leber- und
Muskelgewebe. Im zentralen und peripheren Nervensystem führen diese Ablagerungen dann irgendwann zu einer gestörten
Reizweiterleitung.
Eine Rassedisposition ist u.a. bei Mini-Drahthaarteckel, Basset Hound und Beagle bekannt.
Betroffene Hunde zeigen die ersten Symptome ab dem 6. Lebensjahr, oft auch erst später (über 7 Jahre). Die Krankheit ist
nicht heilbar, fortschreitend und die Symptome in den meisten Fällen nur geringfügig behandelbar.
Nach Einsetzen der Symptome ist die Lebensqualität in vielen Fällen stark beeinträchtigt und die Lebenserwartung verkürzt
sich.
Typische Symptome sind:
rasche, unwillkürliche Muskelzuckungen (Myoklonien) besonders im Bereich von Kopf und Schulter (optischer Eindruck wie
plötzliches Erschrecken); auslösbar durch äußere Reize (Licht, Bewegungen im Gesichtsfeld, Geräusche)
plötzliches „Umfallen“ mit gleich anschließendem Wiederaufstehen ohne Bewusstseinseinschränkungen
partielle oder generalisierte Krampfanfälle
Muskelzittern (in Ruhe)
Ataxie und Koordinationsstörungen (z.B. Probleme beim Treppensteigen)
verstärktes Blinzeln
Blindheit als langfristige Folge
Verhaltensänderungen: Zunahme von Unsicherheit und Stressanfälligkeit; zunehmende Zurückgezogenheit, Demenz
Diagnose:
a) Nachweis der Laforakörper über Biopsie betroffener Gewebe
- nur bei Obduktion 100%ig sicheres Ergebnis möglich
- Anlagenträger können gar nicht identifiziert werden
- für Zuchtplanung nicht einsetzbar
b) Gentest
- genotypische Identifizierung von „Kranken“ und „gesunden Anlagenträgern“ und „Gesunden“
.
- bereits am jungen Hund durchführbar (vor Zuchteinsatz)
- Verpaarungen, die zu kranken Hunden führen, können anhand der Ergebnisse vermieden werden
Weitere Untersuchungsergebnisse (Blut, MRT) sind in der Regel ohne Befund und im Normalbereich.
Hat aber ein älterer Hund plötzlich einen oder mehrere Krampfanfälle und zeigt die beschriebenen Muskelzuckungen, sollte
man an die Lafora Krankheit denken.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass häufig (vor allem in der Vergangenheit) an Lafora erkrankte Hunde nicht erkannt werden, weil
die Krankheit auch vielen Tierärzten nicht bekannt ist (war) und/oder andere Ursachen der Symptome in Betracht gezogen
werden. Möglicherweise ist der Verlauf auch mild und ohne Krampfanfälle und man schreibt die Zuckungen Nervosität oder
einem „Tick“ zu.
Ein großes Problem für Züchter ist, dass die ersten Hinweise auf eine mögliche Erkrankung eines Hundes erst in seiner zweiten
Lebenshälfte auftauchen.
Somit bestand lange das Risiko, dass unbeabsichtigt nicht nur Anlagenträger sondern sogar erkrankte Hunde mehrfache
Nachzuchten hatten
Glücklicherweise besteht seit Herbst 2016 (zunächst nur in Kanada, jetzt aber auch in Europa) die Möglichkeit, beim Beagle
einen Gentest für die Lafora-Krankheit durchzuführen.
Dieser ist im Beagle Club Deutschland seit dem Frühjahr 2018 auch Pflicht, um eine Zuchtzulassung zu erhalten. Erkrankte
Hunde sind von der Zucht ausgeschlossen.